Tanzende Vasen

Ausgewählt für die Ausstellung 

 

 

Im 18. Jahrhundert war es unter dem europäischen Adel en vogue, chinesisches Blau-Weiß-Porzellan zu besitzen. Als es schließlich gelang, dieses in Europa selbst herzustellen, entstanden kunstvoll bemalte Fliesen und Gefäße – oft mit klassischen Motiven wie dem Zwiebelmuster, floralen Ornamenten oder idealisierten Landschaften. Bis heute gilt das Blau-Weiß-Motiv als Inbegriff edlen Porzellans.

 

Dies greife ich auf und interpretiere es neu: mit Spitze und selbst entwickelten Schablonenmustern, die in Schichten übereinandergelegt werden. Die verwendete Spitze zeigt Spuren der Zeit – Löcher, Risse, kleine Unregelmäßigkeiten. Sie stehen für den Vergang, für das Auflösen des Klaren, für das Unperfekte. Die Überlagerung der Muster erzeugt eine subtile Unschärfe und nimmt der klassischen Strenge die Striktheit.

 

Die oberste Schicht der Objekte zeigt ein Motiv – verspielt, ein Vogel, Symbol für Freiheit und das Element Luft. Die Zeichnung stammt aus eigener Hand und wird per Monotypie auf das lederharte Gefäß übertragen.

 

Die Vasen bestehen aus Paperclay, einem mit Zellulose versetzten Porzellan, das freies, plastisches Arbeiten ermöglicht. Die Oberfläche bleibt unglasiert – das reine, weiße Material entfaltet im Biskuitbrand seine feine, matte Haptik. Spitze und Schablonierung bleiben nicht nur sichtbar, sondern auch fühlbar.

 

Jede der fünf Vasen trägt ihren eigenen Charakter: mal dick oder schlank, mal eingedellt, eckig oder asymmetrisch. Auf zarten Beinen stehend wirken sie bewegt – beinahe tanzend. Und dabei völlig frei.

 

 

 

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© Silke Schulz 2025